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AutorenbildArda Esberk

Die Maske der Figur

Wenn ich weiß, wer ich bin, werde ich frei sein...“Westworld - Dolores

„Westworld“, eine im Jahr 2017 im US-Fernsehen neu erschienen Serie, hat das vergangene Jahr geprägt.


Es vergeht kein Tag ohne eine neue Entdeckung auf dem Gebiet der „Künstlichen

Intelligenz“ und der „Virtuellen Realität“. Solange ein so interessantes Thema die

Weltöffentlichkeit beschäftigt, ist es für Hollywood unvermeidlich, neue Werke in diesem

Bereich zu produzieren. Die HBO-Serie „Westworld“ aus dem Jahr 2017, an der Jonathan

Nolan und Lisa Joy mitgeschrieben haben, hat im vergangenen Jahr für Aufsehen gesorgt.

Bernard, eine der Hauptfiguren, ist der Ingenieur des Parks, der nach dem Vorbild des amerikanischen „Wilden Westens“ geschaffen wurde. Der Park ist als eine künstliche Welt aus Robotern geschaffen, die nach vorher geschriebenen Skripten in sich wiederholenden Schleifen agieren. Wohlhabende Kunden können mit ihrer Hilfe ihre Bedürfnisse nach Gewalt, Abenteuer, Liebe und Sex befriedigen. Dolores ist die Protagonistin und der erste gebaute Roboter des Parks. Die Serie beginnt nach einem beeindruckenden Filmvorspann mit folgendem Dialog:


Bernard: Weißt du, wo du bist?


Dolores: Ich bin in einem Traum.


Bernard: Das stimmt, Dolores, du bist in einem Traum. Möchtest du aus diesem Traum aufwachen?


Dolores: Ja, ich habe große Angst.


Bernard: Es gibt nichts zu befürchten, Dolores... solange du meine Fragen ehrlich beantwortest. Verstehst du?


Dolores: Ja.


Bernard: Gut. Zuerst einmal: Hast du jemals die Natur deiner Realität in Frage gestellt?


Dolores: Nein.


Diese Szene hat mich beim ersten Mal sehr beeindruckt. Es fühlte sich an, als würde die

Frage an mich gerichtet sein. Also, wenn Bernard diese Frage nicht an Dolores, sondern

an dich gerichtet hätte, wie würdest du antworten? Hast du jemals die Natur deiner Realität in Frage gestellt?


Von Indien nach China, vom Nahen Osten nach Südamerika - all die Heiligen und Weisen,

die sich auf die Reise nach Selbsterkenntnis begeben haben, haben sich selbst diese Fragen gestellt.


Rumi (Mevlana) war einer von ihnen:

Dieses sichtbare Ich, bin nicht ich. Sag mir also, wer derjenige ist, den ich "Ich" nenne.

Ich bin nicht derjenige, der es sagt. Sag mir also, wer ist derjenige, der es mit meiner

Zunge sagt.


Eigentlich bin ich von Kopf bis Fuß nur ein Hemd. Wer ist das Wesen, dessen Hemd ich

bin, sag es mir!“


Vielleicht ist die eigentliche Frage, die gestellt werden muss, diese: Was ist dieses "Ich", von dem wir sprechen? Ist es unser physischer Körper, der aus Fleisch, Knochen und Gewebe besteht? Oder sind es unsere Emotionen, die uns von Wut über Freude bis hin zur Verwirrung und Angst führen? Oder sind es unsere Gedanken, die sich im stürmischen Ozean von Vergangenheit und Zukunft verfangen haben und versuchen, ihren Weg zu finden? Wer sind wir wirklich?


Versuchen wir nun, die Antwort auf diese Frage aus der Perspektive der Schauspielkunst zu finden. Wenn wir uns auf eine Rolle vorbereiten, führen wir eine Arbeit namens "Charakterstudie" durch, um die Tiefe des zu schaffenden Charakters zu erfassen. Dabei betrachten wir den Charakter als eine Einheit, die aus vier Teilen besteht: Körper, Geist, Gefühle und Seele. Jedes Detail ist für uns Schauspieler wichtig. Wie denkt er? Was sagt er? Die Körperbewegungen, die Mimik, der Akzent, die Stimmlage - alles wird von einem erfahrenen Schauspieler als Teil des Prozesses der Charakterentwicklung berücksichtigt. Wer sind seine Eltern? In welcher Umgebung ist er aufgewachsen? Was ist seine Religion, seine Konfession? Ist er weiblich oder männlich? Wie wird seine Sexualität behandelt? Die historischen Bedingungen und geografischen Gegebenheiten der Zeit, in der der Charakter lebt, wird bis ins kleinste Detail untersucht, um den Entstehungsprozess der „Persönlichkeit“ zu verstehen.


Wie er zu seiner Umgebung steht, die Erfahrungen bis zur Szene, die gespielt werden soll und was andere über den Charakter sagen, bilden die Bausteine der Persönlichkeit. Die Absichten und Wünsche hinter seinen Handlungen werden hinterfragt, seine Erwartungen an die Zukunft werden versucht zu verstehen. Schließlich braucht ein Charakter eine Vergangenheit und eine Zukunft, um existieren zu können, nicht wahr? Wenn diese Informationen gründlich recherchiert und in gleichem Maße auf die Bühne gebracht werden, ist die zu spielende Figur näher an der Realität


Eine fesselnde, starke Geschichte, die das Interesse des Publikums weckt, ist unverzichtbar für die Kunst des Kinos. Um eine solche Geschichte zu entwickeln, ist ein Held erforderlich, der über positive Eigenschaften verfügt, die den anderen Charakteren fehlen, und der sich innerlich und äußerlich gegen scheinbar unbesiegbare Feinde stellt. Genau wie der Roboter 'Dolores', dessen Persönlichkeit und Lebensszenario in sein Gedächtnis geladen werden, um sie auf dem Laufenden zu halten. Ein Schauspieler, der nach der Persönlichkeitsanalyse bereit ist, die "Maske der Figur" zu tragen, und Menschen, die im Lebenszyklus gefangen sind, unterscheiden sich in ihrer Persönlichkeit nicht von Dolores. Und warum? Weil unsere Identität, das, was wir als Persönlichkeit bezeichnen, nur eine Maske ist. Das englische Wort für Persönlichkeit ist "Personality". Das Wort "Persona", das die Wurzel dieses Wortes bildet, bedeutet im Lateinischen "Maske". Wenn das, was wir als Persönlichkeit bezeichnen, nur die Maske eines Charakters ist, den wir in unserem Lebensszenario spielen, was ist dann die Realität?


Die Wahrheit ist: Du bist nicht dieser Körper, nicht die Vergangenheit oder die Zukunft, nicht die Gefühle oder die Gedanken. Du bist das wahre Selbst, das in deinem Herzen den Thron hat, das reine Wesen, die 'Reine Seele'.

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